Die Sache mit der Hand

05.10.2021

Die Einwirkung mit der Hand, oder wie bei den meisten Reitern - der Hände - variiert zwischen 5 kg bis 15 kg pro Hand. Lässt man diese Zahlen auf sich wirken muss man nicht lange nachdenken um zu erkennen, das ist zu viel. Egal welches Gebiss ich benutze, es ist immer so viel wie die Hand an Druck und Schmerz ausübt. Aber auch gebisslos kann schmerzhaft auf Nervenbahnen, Backentaschen oder Nasenbein wirken und sogar mit einem Halsring kann man Luftröhre oder Speiseröhre eines Pferdes quetschen.

Aller Anfang ist ein zügelunabhängiger Sitz in allen Grundgangarten des Pferdes und ein Pferd, das den Sitzhilfen des Reiters folgt.

Die Reiterhand bzw. die Finger müssen die Pferdezunge fühlen und wissen, wo mit welchem Gebiss meine Wirkung liegt. Im Pferdemaul kann ich durchaus an unterschiedlich, empfindlichen Stellen einwirken. Gebrochene Mundstücke richten sich unter dem Zug der Zügel auf, klemmen den Unterkiefer bzw. Zunge, Gaumen, Laden (Unterkieferäste) oder Lippen ein. Ebenso auch die Gebisse mit sogenannter "Zungenfreiheit". Hier muss sich ein Reiter die Wirkung bewusst machen.

Auch ein Blick ins Pferdmaul und dessen Beschaffenheit über die Wahl des richtigen Gebisses ist wichtig. Man sollte dem Pferd die Wirkung des Gebisses vom Boden aus erklären. Hier kann man fein einwirkten und die Reaktion beobachten. Das Pferd lernt das Abkauen, das Schlucken und die Biegeübungen an der Hand. Wenn ich dann in den Sattel steige, beginne ich diese Übungen erneut im Stand. Ein Pferd, das auf dem Gebiss kaut und seinen Speichel herunterschluckt, ist in seiner Kopf- und Halsbasis entspannt und nicht verspannt. Demzufolge muss ich einen lockeren Kinnriemen, Sperrriemen (ehemals Pullerriemen) haben. Kein Riemen darf die Kaubewegung des Pferdes einschränken! Es gibt Pferde die ihre Zähne zusammenbeißen, was zu Verspannungen im Kiefer-, Nackenbereich bis hin in den Rücken und in die Hinterhand führt.

Deshalb ist es so wichtig, dass das Pferd als erstes Entspannung lernt.

Der Reiter lernt diese Entspannung mit seinen Fingern auszulösen, abzurufen und eine "leichte" Zügelführung ist möglich.

Je nach Ausbildungsstand des Pferdes benötigt es seinen Hals als Balancierstange und sein Reiter darf diesen nicht einschränken, nur begleiten. Mit zunehmender Balance findet das Pferd sein Gleichgewicht und lernt durch gezielten Muskelaufbau seinen Hals mit Kopf selbstständig zu tragen. Selbstständig bedeutet, es trägt sich selbst, nicht der Reiter trägt ihn mit den Zügeln.

Ein Pferdekopfskelett wiegt ca. 30 kg zzgl. Halswirbelsäule und Muskeln. Er macht so 1/3 des Körpergewichts aus und dieses Gewicht möchte ich als Reiter nicht in der Hand haben.

Beginnen wir erstmal mit fühlen, was wir in den Fingern haben...

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